Vor dem Wind

Es gibt Spiele, auf die ist sogar ein Neuling im Bereich der Spielerezensenten wie ich gespannt. „Vor dem Wind“ ist so ein Spiel. Denn da wäre zum einen die Tatsache, dass dieses Spiel aus dem Verlag „Phalanx Games“ stammt. Diese haben – leider – mit „Anasazi“ 2006 einen ziemlich großen Flop gelandet: Die eigentlich innovative Idee mit den Pappstreifen wurde von den Spielern nur als „nerviges Gefummel“ aufgefasst. Manche gingen sogar so weit, dass sie das Spiel als unspielbar bezeichneten. Der andere Grund, warum ich auf dieses Spiel gespannt war, ist der, dass es die Erstveröffentlichung eines neuen Autors ist. Und bei Debüts möchte man schon gerne schauen, was der „Neuling“ da so abgeliefert hat.

Das Hauptmaterial dieses Spiels sind Karten, Karten, Karten – insgesamt 286 Stück. Dazu kommen für jeden der 2 – 4 Spieler eine Lagertafel aus Pappe und ein schlichter schwarzer Pöppel – der Startspielerstein – ist auch noch da ( und natürlich auch eine Regel, immer hab ich die vergessen… ). Alles in einer kleinen, kompakten Schachtel verpackt, also ein ideales Reisespiel.

Die Karten, die übrigens wunderschön von Frank „Czarné“ Czarnetzki illustriert wurden, unterscheiden sich in Guldenkarten in den Werten 1,2,5 und 10, Warenkarten ( Käse, Seide, Äpfel und Gewürze ) und Schiffskarten, die je nach Größe 1 – 4 Warenkombinationen verlangen und dementsprechend unterschiedlich viele Siegpunkte hergeben. Den größten Teil der Karten machen aber die Aktionskarten aus, die die unterschiedlichen Abläufe eines Schiffshändlers thematisieren: Einkauf, Einlagerung und Verschiffung/Einkommen. Nachdem jeder etwas Gulden, Waren und ein Warenlager genommen hat und je nach Spieleranzahl unterschiedlich viele Schiffe als Flotte ausgelegt wurden, eröffnet der Startspieler das Spiel. Er nimmt von den 3 unterschiedlichen Aktionskartenstapeln so viele Karten, wie Spieler teilnehmen, jedoch nicht mehr als 2 vom gleichen Stapel und von mindestens 2 verschiedenen Stapeln. Hat er das getan, sucht er sich eine Karte aus und legt sie vor sich ab. Die anderen Spieler suchen sich entweder eine andere Karte aus, oder machen dem Startspieler ein Kaufangebot. Dieses kann entweder angenommen werden, dann kriegt der andere Spieler die Aktionskarte und gibt den Betrag an den Startspieler, oder der Startspieler behält die Aktionskarte, muss dann aber den angebotenen Betrag an den bietenden Spieler zahlen. Hat jeder Spieler entweder Geld oder eine Aktionskarte, folgt die Auswertung. Bei einer Einkaufskarte erhält der Spieler die abgebildeten Waren und nimmt diese auf die Hand, bei einer Einlagerungskarte darf der Spieler die angegebene Anzahl Waren für die angegebene Anzahl an Gulden in sein Warenlager legen und bei einer Verschiffung/Einkommenskarte darf sich der Spieler, wenn er die passende Warenkombination im Lager hat, das entsprechende Schiff nehmen und entweder umdrehen, um die Siegpunkte zu kassieren, oder auf den Ablagestapel legen und den angegebenen Geldbetrag nehmen.

Zusätzlich wird das Ganze noch durch Aktionskarten aufgepeppt, bei denen man zum Beispiel Waren zu einem bestimmten Betrag direkt in sein Lager einlagern darf, ohne den „Umweg“ über die Hand zu machen, oder Waren im Lager mit den Handkarten oder mit Karten aus gegnerischen Lagern tauschen darf, usw.

Wenn nur noch 2 Schiffe in der Flotte ausliegen, wandern diese auf den Ablagestapel. Dem schließt sich der pfiffige Prozess der „Verderbung“ an.: Alle Warenkarten auf der Hand müssen abgegeben werden, im Lager verderben alle Äpfel und die Hälfte der Gewürze und Käse. Abschließend wird wieder wie zu Spielbeginn eine neue Flotte ausgelegt und ein neuer Durchgang beginnt. Dies geht so lange, bis ein Spieler 50 ( bzw. bei 2 Spielern 60 ) Siegpunkte erreicht hat.

Schade, schade, schade… Da kommt das Spiel sogar mit innovativen Mechanismen, wie 3 verschiedenen Arten von Aktionskarten, deren Verhandlung und der Verrottung von Waren daher – und dennoch hat es Schwächen. Gravierende Schwächen. Darunter zählt nicht nur die Tatsache, dass es entgegen einer Abbildung in der Spielregel NICHT möglich ist, die Warenkarten AUF das Warenlager zu legen. Viel schlimmer ist die sehr geringe Chance, mit wenig Geld im Spiel zu bleiben, weil ein strategischer Aufbau des Spiels ohne das nötige Geld nicht möglich ist. Dazu kommt ein gewisser Startspielervorteil und der Glücksfaktor beim Aufdecken der Karten. Diese Komponenten ziehen das Spiel in ermüdender Weise unnötig in die Länge. All das macht das Spiel gerade noch „befriedigend“. Wo ist der Verlag hin, der auch Spielehits wie „Raja“ oder „Mesopotamien“ veröffentlicht hat? Man möchte mit Cicero rufen „O tempora, o mores!” – “Oh Zeiten, oh Sitten!“

Name: Vor dem Wind

Autor: Torsten Landsvogt

Verlag : Phalanx Games

Erscheinungsjahr: 2007

Spieler: 2 – 4

Alter: ab 10 Jahren

Dauer: 75 Minuten

NOTE: 3 –

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