Der Fürther Verlag Goldsieber hatte schon immer eine Vorliebe für etwas andere Thematiken. Bestes Beispiel hierfür dürfte „Pecunia non olet“ sein, bei dem die Spieler Bewirtschafter einer Latrine im alten Rom waren. Auf der Messe in Essen 2007 wurde – im passenden Stil – vom Autorenpaar Ellen Maria Ernst und Kira Verena Samol ihr Debüt „Liebe & Intrige“ vorgestellt – ebenfalls mit einer sehr außergewöhnlichen Thematik. Aber lest selbst.
Die Spieler sind Väter von 3 adligen Töchtern im 19. Jahrhundert. Diese haben 3 Haupteigenschaften, Moral, Schönheit und Bildung und sollen an den Mann gebracht – oder auf neudeutsch „verkuppelt“ – werden. Willige Männer gibt es genug, insgesamt 14 Stück, die alle eine sehr genaue Vorstellung davon haben, wie anständig, schön und gebildet die Erwählte sein soll. Damit die Töchter in Kontakt mit den Männern treten können, müssen sie diverse Orte, wie z.B. den Boulevard, das Armenhaus oder die Spelunke besuchen. Dort kann die Dame von Welt nicht nur den Mann fürs Leben finden, sondern auch was für Moral, Schönheit und Bildung tun. Vorsichtig muss die Tochter im Park und in der Spelunke sein: Die Casanovas treiben hier ihr Unwesen. Ob der Casanova auf unsere Tochter eingeht, oder nicht, entscheidet ein Würfelwurf. Ist die Dame dem Casanova schön genug, verführt er sie – nicht gerade förderlich für den Anstand einer adligen Dame. In der Spelunke kann die Adelstochter auch noch in ein Trinkgelage verwickelt werden. Auch hier entscheidet ein Würfelwurf über das Schicksal der jungen Tochter. Aber wenn’s schmeckt, schmeckt’s halt – auch wenn die Bildung darunter leidet.
Einzige Ausnahme bildet die Schneiderei: Hier kann die Dame zwar keinen Mann treffen, aber was für ihre Schönheit tun. Außerdem ist sie hier vor einer Intrige geschützt. Die kann nämlich entstehen, wenn die Tochter eines Mitspielers zur richtigen Zeit am selben Ort wie unsere eigene Tochter ist. Auch hier liegt das Schicksal unserer Tochter in den Händen des Würfels. Wenn die Intrige gelingt, wird die große Liebe schnell die Seiten wechseln.
Auch Ereigniskarten können über Freud und Leid einer jeden Tochter entscheiden: Man kann dadurch die Charakterwerte der Tochter steigern, oder die einer gegnerischen Tochter senken, man kann eine Zofe an einen bestimmten Ort schicken, damit sie der Tochter miteilen kann, welche Männer sich dort befinden, sich vor den „Angriffen“ des Casanovas schützen und vieles mehr.
Wenn das Mädchen soweit ist, dass es den Ansprüchen des Herrn genügt und ihn schon dreimal getroffen hat, dann kommt es endlich zur Heirat. Aber es gibt ja noch 2 weitere Töchter, die mit einem Mann „versorgt“ werden müssen.
Sind alle Töchter eines Spielers glücklich verheiratet, kommt es zur Endabrechnung. Jeder verheiratete Mann gibt eine bestimmte Anzahl an Siegpunkten. Außerdem hilft manchmal eine Vergrößerung des Landsitzes oder ein Unverhofftes Erbe weiter. Die anständigsten, schönsten und gebildetsten Adelsfamilien erhalten ebenfalls Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel.
Schon vor dem ersten Auspacken denkt man, ein wertvolles Spiel in Händen zu halten, denn die Buchform des Spielkartons wirkt sehr edel. Auch grafisch kann das Spiel glänzen. Leider ist der Versuch, die Schrift der Zeit, in der das Spiel spielt, anzupassen der Lesbarkeit zum Opfer gefallen. Auch könnten die Charaktertafeln der Töchter und die Eigenschaftsmarker etwas größer sein. Die Thematik passt perfekt zum Spiel, doch das Spiel an sich kann relativ langatmig werden. Die Spieler sammeln am Anfang munter ihre Herren und erfahren zufällig oder durch ein gutes Gedächtnis, wo sich der Mann der Träume außerdem aufhält. Das klingt jetzt so, als würde dieses Spiel keinerlei Interaktion erhalten. Das stimmt so nicht, denn durch Intrigen und Ereigniskarten tritt man doch in Kontakt mit seinen Mitspielern.
Alles in allem ist „Liebe & Intrige“ ein noch gutes Debüt eines vielversprechendes Autorinnenpaares.
Name: Liebe & Intrige
Autor: Ellen Maria Ernst & Kira Verena Samol
Verlag: Goldsieber
Erscheinungsjahr: 2007
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 30 – 60 Minuten
NOTE: 2-
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